Bei der letzten Sitzung des Erlenseer Stadtparlamentes wurde als letzter Tagesordnungspunkt über den Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes „Gewerbepark II“ abgestimmt und damit letztlich über die Ansiedlung des Zentrallagers der Firma Lidl nach Erlensee. Genau genommen handelt es sich um die Umsiedlung des Lidl-Zentrallagers von Alzenau (Bayern) nach Erlensee (Hessen), hier zeigt sich bereits die politische und gesellschaftliche Dimension dieses Projektes, da dadurch die Landesregierung und der Regionalverband durch ihre Entscheidungen zu diesem Thema involviert sind.
In vielen Ausschusssitzungen, Fraktionssitzungen und internen Beratungen hat die CDU-Erlensee über diese Ansiedlung auf knapp 25 ha Fläche diskutiert. Dabei gab es auch durchaus kritische Stimmen zu diesem Projekt, obwohl die Mehrheit der Meinung war, dass die Vorteile die Nachteile einer Ansiedlung überwiegen. Aus diesem Grund hat die CDU-Fraktion ihren Mitgliedern die Abstimmung freigestellt. Nach knapp 3 Jahren der Planung, fast 1000 Seiten an Gutachten und Stellungnahmen von über 12 Trägern öffentlicher Belange gibt es wohl kaum ein Projekt in Erlensee, dass in den letzten Jahren ausführlicher behandelt wurde. Eine Absage des Projektes zum jetzigen Zeitpunkt wäre nicht zielführend und würde evtl. andere, potentielle Investoren auf lange Sicht abschrecken.
Andererseits sind natürlich die Einwände der Bevölkerung nicht von der Hand zu weisen, in Bezug auf „Landfraß“, Schwerverkehr, Störung des Landschaftsbildes, Lärm und andere Emissionen, Bodenversiegelung, Störung des Grundwassers, Verlust landwirtschaftlicher Flächen, u.a. Diese Bedenken konnten aber durch mehrere Gutachten ausgeräumt werden, die alle sehr ausführlich dargestellt wurden, alleine das Verkehrsgutachten hat ca.400 Seiten.
Dem gegenüber stehen in erster Linie die positiven, wirtschaftlichen Aspekte für die Stadt Erlensee. Im Einzelnen natürlich die zu erwartenden Steuereinnahmen und die angesetzten 470 Arbeitsplätze, auf die Erlensee in Zukunft bauen kann. Hier werden auch Synergieeffekte entstehen, etwa durch Unternehmen, die für Lidl arbeiten werden, also z.B. Transportgewerbe, Sicherheitsfirmen, Reinigungsfirmen, sicherlich werden sich auch Mitarbeiter und ihre Familien hier ansiedeln wollen. Weiterhin präsentierte sich das Unternehmen Lidl mit ihrem Geschäftsführer Herrn Zimmermann sehr überzeugend. So steht der Gebäudekomplex für ein auf dem neuesten technischen Standard beruhendem Nachhaltigkeitskonzeptes, der im näheren Umkreis wohl momentan ein Alleinstellungsmerkmal vorweisen dürfte. Im Einzelnen geht es hierbei um Regenrückhaltebecken, mit Flüssiggas(LNG) laufende Transport-LKW‘s, eine „Bienenwiese“ von ca.23.000 qm, Wärmerückgewinnung, Solaranlagen, etc.
Besonders hervorzuheben ist die Kostenübernahme für alle erforderlichen neuen Verkehrswege durch die Firma Lidl, diese Verkehrswege würden sonst nicht entstehen, da diese für die Öffentlichkeit ebenfalls nutzbar sind, ergeben sich besonders für die Anwohner der neuen(und alten) Baugebiete rund um den Langenselbolder Weg neue Möglichkeiten. Auch ist es abzusehen, dass durch die Neuansiedlung des Lidl-Zentrallagers eine neue Abfahrt an der A45 entstehen wird. Man sollte sich vor Augen halten, dass es alle diese Effekte ohne Lidl nicht geben würde. Die Böden an dieser Stelle weisen eine geringere Bodenzahl auf, wie an früherer Stelle geplant, die Nitratbelastung durch Auswaschung (leichte Böden) infolge der Landwirtschaft findet nicht mehr statt. Weiterhin versprach Herr Zimmermann, sich mit Lidl nicht von der Stadt abgrenzen zu wollen, sondern in vielfältiger Weise eine harmonische Zusammenarbeit auf gesellschaftlicher und gewerblicher Ebene, z.B. durch Veranstaltungen, Jobbörsen, Erlenseer Sonntag, uvm. zu erreichen.
Alle diese Aspekte zusammen gaben schließlich den Ausschlag für die fast mehrheitliche positive Abstimmung der CDU im Parlament. Der Bürgermeisterkandidat der CDU-Erlensee, Michael Börner, dazu:
„Nach der geplanten Ansiedlung von Lidl und auch Brandenburg ist die Grenze für Großunternehmen in Erlensee erreicht, auch weil der Druck von Langenselbolder Seite durch Gewerbeansiedlungen stark zunehmen wird. Bei den Steuereinnahmen ist noch viel Luft nach oben, wenn man z.B. bedenkt, dass Rodenbach nicht viel weniger Einnahmen hat, aber deshalb nicht die ganze Stadt umbauen ließ. Persönlich hätte ich mir eine größere Streuung beim Gewerbe gewünscht, lieber viele kleinere Unternehmen als die Festlegung auf Logistik, eine Spezialisierung macht angreifbar. Die Versprechungen im Fliegerhorst mit einer Klassikstadt und einem späteren Reitzentrum in Verbindung mit einem russischen Investor sind vielen noch im Ohr, hier wurde die Chance eines herausragenden Gebietes, z.B. als Bildungs-,Wissenschafts-,oder Forschungsstandortes verpasst, etwa durch das Fraunhofer Institut. Erlensee darf sich nicht unter Wert verkaufen, die Bürger haben ein Recht auf einen vernünftigen Umgang mit Ihrer Zukunft.“